Nach Moskau! Nach Moskau!“ Mit diesem sehnsüchtigen Ruf endet der zweite Akt des Theaterstücks „Drei Schwestern“ von Anton Tschechow, Anfang des 20. Jahrhunderts geschrieben. Welten sind in den nachfolgenden Jahrzehnten durcheinander geraten, aber die Sehnsucht der russischen Menschen nach ihrer Hauptstadt ist geblieben.
Moskau ist heute mehr denn je das ökonomische Zentrum Russlands – darauf gründet sich seine Anziehungskraft. Moskau – Boomtown! Hier in der Metropole laufen die Machtfäden zusammen, die das riesige Land verbunden haben und immer noch verbinden.
„Russland lässt sich allein mit dem Verstand nicht begreifen“, schrieb im Jahr 1866 der Dichter Fjodor Tjutschew. Und das trifft auf die heutige Zeit sicher noch viel stärker zu. Zu viel Widersprüchliches, Ungewohntes, auch Abweisendes bieten Moskau und seine Bevölkerung auf den ersten Blick.
Wagen Sie sich in das Chaos des Moskauer Alltags. Gehen Sie allein auf einen Bauernmarkt, fahren Sie Metro oder Bus, schlendern Sie über die Tverskaya, oder schwitzen Sie in der Banja. Wenn Sie den Wagankowoer-Friedhof besuchen, werden Sie sehen, wie die Russen Wladimir Wissotskij und Sergej Jessenin verehren und deren Gedichte und Lieder am Grab rezitieren. Erst dann entdecken Sie die Menschen hinter den Fassaden, und das kann die Stadt interessanter machen.
Moskau gleicht keiner anderen europäischen Stadt, es wirkt auf Besucher wie ein überdimensionales, reiches russisches Dorf. Die Stadt war jahrhundertelang Residenz russischer Zaren und ist heute als Hauptstadt Russlands der Schnittpunkt Asiens und Europas. Hier spürt man das Aufeinanderprallen verschiedener Kulturen in der Architektur, aber auch im lebendigen Völkergemisch auf den Märkten und Straßen.
Moskau ist eine Stadt der Kontraste und der Superlative, selbstbewusst und dynamisch. Eine Stadt, die nie zur Ruhe kommt und immer interessant ist. Die starken Veränderungen im Land sind jedoch auch an den Menschen nicht spurlos vorübergegangen. Eine jüngere Generation ist zum Zuge gekommen. „Swetskije ljudi“ nennen die Moskauer sie, „Menschen im Licht“. Es sind die „happy few“ der russischen Metropole, die in den letzten Jahren unglaubliche Karrieren gemacht haben. Elitär, reich und selbstbewusst. Nicht alle haben derart vom Wandel profitiert, viele sind nur Zuschauer des neuen Luxus‘.
Hier in Moskau, wo vier Fünftel aller Kapitalbewegungen Russlands abgewickelt werden, wird der scharfe Gegensatz einer gespaltenen Gesellschaft besonders deutlich. Die Mehr-als-zehn-Millionen-Stadt pendelt zwischen den Extremen und kommt nie zur Ruhe. Zwar ist die Goldgräberstimmung aus den ersten Jahren nach der Auflösung der Sowjetunion verschwunden, aber es ist immer noch eine Zeit, in der viele auf der Jagd nach dem großen Geld sind. Doch beim schnellen Sprung in die Marktwirtschaft wurden viele vergessen: Lehrer, Ärzte und Angestellte leben an der Armutsgrenze.
Moskau entwickelte sich in den letzten Jahren auch immer mehr zur Stadt für Nachtaktive. Die Moskauer haben das Gefühl, sie müssten alles nachholen: An vielen Ecken im Zentrum blinken die Lichter von Nachtclubs und Kasinos. Auch in den großen Hotels gibt es Nachtbars und Nightshows. Die „normalen“ Moskauer gehen dort allerdings nicht hin, dort findet man nur die „Nouveaux Riches“.
Die Liebe zu kostbarer Garderobe haben die Russen im Blut, sagen Kenner. Internationale Modehäuser wie Chanel und Gucci richten ihre Kollektion an der immensen Lust, sich herauszuputzen, aus. Sie scheint auch in Zeiten der Finanzkrise ungebremst.
Zitate aus der Zarenzeit: Der Kokoschnik, ein Kopfschmuck aus Perlen und Haar – für Karl Lagerfelds Chanel-Show wurden nur Models aus Russland engagiert
Manchmal kann Mode selbst im abgebrühten Moskau noch die Gemüter erschüttern. Es ist nicht lange her, da hingen in den Schaufenstern des berühmten Luxustempels Tsum gleich gegenüber dem Bolschoitheater riesige Plakate mit so klaren Botschaften wie: „Papa, wenn du mich wirklich liebst, kauf, kauf, kauf mir Schuhe von Armani!“ Oder: „Alle Menschen sind nur Menschen, aber ich trage Burberry!“ Und: „Wer nicht Prada trägt, ist ein Versager!“ Bürger protestierten, bis die staatliche Monopolbehörde einschritt und der Tsum-Geschäftsführung wegen diskriminierender Werbung eine Verwarnung erteilte. Die Schaufenster wurden neu dekoriert.
Während den letzten drei Jahren gehört Moskau zu den teuersten Städten der Welt. Vom Zimmerpreis in „preiswerten“ Hotels bis Bezahlung des Parkplatzes wird Ihr Geldbeutel in der Hauptstadt von Russland immer dünner.
Man meint, dass diesen Titel (eine der teuersten Städten der Welt) Moskau folgenden Gründen zu verdanken hat: Verschwendung und Vergeudung als Hauptcharakterzüge der Slawen und hohe Erdölpreise. Dank der raschen Steigerung des Rohstoffpreises auf Weltbörsen, verdienen russische Geschäftsleute mythische Vermögen. Und verschwenden diese traditionell in Moskau.
Selbstverständlich ließen die führenden Weltmarken im Bereich Mode, Nahrung und Dienstleistung den „Moskauer Wirtschaftswunder“ nicht außer Acht. Die Redewendung „Shopping in Moskau“ wundert heutzutage keinen, sondern entzückt und erweckt Neid. Für dasselbe Halstuch werden Sie in Moskau zweimal mehr ausgeben als in Düsseldorf oder in Helsinki. Selbst im anerkannten Zentrum der Modeindustrie, in Mailand, sind die Preise für die Luxuswaren drei Mal niedriger als in Moskau. Man sagt aber, dass Preise für Mailänder Luxuswaren gestiegen sind, nachdem es unter russischen Geschäftsleuten zu einem guten Ton wurde, in Italien einzukaufen. Armani, D&G, Versace, Swarowski, Cavalli …. es ist einfacher, aufs Neue den „Katalog des Shopoholiker“ herauszugeben als alle Boutiquen von Moskau aufzuzählen, die sich in Hülle und Fülle im Zentrum der Stadt befinden z.B. auf den Strassen Twerskaja, Kutusowski prospekt, Nowy Arbat u.a. Viele Boutiquen der modischsten Handelsmarken befinden sich im riesigen Gebäude des Kaufhauses GUM.
Auch unter den Moskauer Geschäften gibt es gewisse Legenden z.B. das Geschäft „Eliseewski“, das noch aus dem zaristischen Russland bekannt ist. Anfang des 20. Jahrhunderts galt es als ein der Zentren des weltlichen Lebens der Hauptstadt, als „Tempel der Delikateßwaren“, als „Geschäft Nummer eins“. Gerade das Geschäft „Eliseewski“ charakterisiert am deutlichsten die russische Luxusleidenschaft. Dank dieser Leidenschaft wurden Ladentische mit Huhnfleisch damals nicht schlechter als Zarenthron verziert.
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